Meine Geschichte

Beschreibung und Diskussion persönlicher Erfahrungsberichte
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blutsvente
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Meine Geschichte

Post by blutsvente » Thu 18. Feb 2016, 10:34

Hallo,
ich wollte mich mal wieder melden. Unten ist mein Bericht aus dem alten Forum.
Ich habe tatsächlich einen neuen Job gefunden und bin wieder genauso im Eimer.
Ich hatte in einer netten mittelständischen Firma angefangen mit einem überschaubaren Aufgabebereich und
einer Sekretärin die immer geguckt hat das ich auch ja alles erledige. Inzwischen ist der Laden an einen Konzern verkaúft und
das Drama nimmt seinen lauf. Mein Aufgabengebiet wurde erweitert um Sachen die mich total überfordern und die ich, ihr ahnt es,
liegen lasse. Die Sekretärin fühlt sich auch nicht mehr zuständig und schwärzt mich nur noch an.
Ich habe alles probiert Listen usw. aber ich gerate schon wieder immer tiefer in die Krise. Inzwischen wünsche ich mir fast
das ich entlassen werde damit der Wahnsinn endet. OK. Abwarten.

Ich habe übrigens Angst das das vererbbar ist und mein Kind das später auch durchmachen muss. Im Moment schiebe ich ihr aufschieben auf
die Pubertät. Aber was wenn sie das gleiche erleidet wie ich. Zum Glück sind wir zumindest im Moment wenigstens finanziel ganz gut gestellt
was sich bei arbeitslosigkeit allerdings auch schnell wieder ändern kann. Ach mir geht so viel im Kopf herum. Ich bräuchte einfach mal ruhe.

Viele Grüße an euch alle die auch leiden.

Last replied to on Thu Sep 20, 2012 14:43:49
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Hallo,
habe es endlich geschafft mich hier anzumelden. Hier kurz meine Geschichte. Alle Ausbildungen die ich angefangen habe, habe ich auch erfolgreich beendet, ohne große Aufschiebeschwierigkeiten: -Mittlere Reife, - Ausbildung,- Fachoberschule, - Studium. Los ging es bei mir erst im Job. Ich habe mehr und mehr vor mir hergeschoben, wie es hier schon viele geschildert haben. Im ersten Job bin ich rausgeflogen. Hab aber wegen guter Kontakte etwas neues gefunden. Zweiten und dritten Job hab ich rechtzeitig gekündigt und jeweils immer etwas neues gehabt. Jetzt bin ich in dem Alter in dem man nicht mehr so einfach wechseln kann und ich habe das Gefühl das ich mit meiner Taktik der Flucht nicht weiterkomme. In meinem jetzigen Job bin ich seit 6 Jahren nur kritisiert worden und bin eigentlich nie richtig akzeptiert gewesen. Das hat mein Aufschieben noch verstärkt. Inzwischen sitze ich tagelang nur so da. Ich weis einfach nicht weiter. Am Montag kommt mein Chef wieder und ich habe nichts geschafft. Ich kenne die Konsequenzen mache aber trotzdem nichts. Inzwischen lebe ich nur noch in Angst was die Zukunft mir bringen wird. Hat jemand Erfahrung mit Aufschieben im Beruf? Ist schon mal jemand Arbeitslos geworden wegen Aufschieben?


Ich hab bei meiner Kündigung das volle Programm durchgemacht. Erst bei Kleinigkeiten Aufgeschoben bis es nicht mehr ging dann kamen Kundenbeschwerden und ich habe meinen Chef belogen. Sowas kommt natürlich raus und ich habe eine Abmahnung bekommen. Vor der 2ten Abmahnung hat man mir dann einen Aufhebungsvertrag angeboten. In der Situation kann man das natürlich nicht ablehnen und ich bin gegangen. Ich hab dann eine Fortbildung bei der Arge gemacht dann aber schnell einen neuen Job gefunden.
Inzwischen hab ich mir für all das eine gute Legende zurechtgelegt um die Lücke im Lebenslauf zu kaschieren. So nach dem Motto ich musste mal raus, meine Frau hat Geld verdient, Haus renoviert usw. In der nächsten Firma war mein Chef absolut nett und alles war gut auch mit der ein oder anderen aufgeschobenen Sache. Aber innerlich war ich immer total fertig. Immer dieses Gefühl etwas nicht gemacht zu haben, Panik wenn das Telefon klingelt usw. Deshalb hab ich mir was neues gesucht wo ich jetzt aber richtig in der Sch.. hänge. Ich weiß was ich zu tun hätte tu es aber nicht und irgendwann kommt der totale Zusammenbruch. Man kann eben auch mit niemandem darüber reden. Bewerbe ich mich werde ich auch immer eingeladen und gehöre am Ende immer zum Kreis der letzten 3 Bewerber. Einen hab ich noch da kommt jetzt das 2te Gespräch. Aber es kann ja nicht bis zur Rente so weiter gehen.
Viele Grüße Blutsvenet

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JavaBohne
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Re: Meine Geschichte

Post by JavaBohne » Mon 22. Feb 2016, 12:37

Hallo Blutsvente,

willkommen zurueck im Forum. Bitte gebe mir noch ein paar Stunden Zeit. Heute Abend wenn ich aus dem Buero zurueck bin werde ich dir sofort antworten.

Viele Gruesse,
JavaBohne

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JavaBohne
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Re: Meine Geschichte

Post by JavaBohne » Tue 23. Feb 2016, 03:07

blutsvente wrote:....Ich habe übrigens Angst das das vererbbar ist und mein Kind das später auch durchmachen muss. Im Moment schiebe ich ihr aufschieben auf
die Pubertät. Aber was wenn sie das gleiche erleidet wie ich. Zum Glück sind wir zumindest im Moment wenigstens finanziel ganz gut gestellt
was sich bei arbeitslosigkeit allerdings auch schnell wieder ändern kann. Ach mir geht so viel im Kopf herum. Ich bräuchte einfach mal ruhe.
....
Hallo Blutsvente,

Ich moechte zunaechst auf den Punkt Vererbung eingehen.

Wie du weisst, gibt es verschiedene Theorien, was die Prokrastination ausloest, ob sie anerzogen, angewoehnt oder sogar vererbbar ist bzw. sein kann. Darueber streiten sich buchstaeblich die Wissenschaftler.

Ich persoenlich habe lange Jahre geglaubt, dass die Prokrastination zumindest bei mir angeboren, also vererbt ist. Mein Grossvater war Prokrastinator, und mein Vater war sogar ein Meister darin. Wie es um mich steht, kannst du in den vielen Posts nachlesen. Ich komme auf meinen Vater heraus. Muetterlichersetis gibt es keinen einzigen Prokrastinator. Erstaunlich, wie ich meine. Nun, koennte man annehmen, dass ich die Prokrastination tatsaechlich von der vaeterlichen Seite vererbt bekommen habe. Aber meine beiden Toechter beweisen mir genau das Gegenteil. Durch meine Erziehung habe ich ihnen Pflichterfuellung und Verantwortung beigebracht und konnte meine eigene Prokrastination lange Zeit vor ihnen verstecken, so dass sie sich diese Qual nicht von mir abgucken konnten. Heute studieren beide KInder an einer Uni mit hervorragendem Erfolg! Hat bei ihnen nur die Vererbung aufgehoert? Oder wird hier eine Generation uebersprungen und es entsteht in der naechsten Generation, wenn es um meine Enkel geht "nur" eine Veranlagung zur Prokrastination? Oder ist die Prokrastination von vorn herein doch nur anerzogen oder durch Abgucken selbst antraniert? Offen gesagt, ich bin selbst nicht mehr mit mir im Reinen und weiss es einfach nicht mehr.

Du kannst in den Diskussionen viele Links zu Webseiten, etc. finden auf denen dieses Thema heiss diskutiert wird.

Viele Gruesse,
JavaBohne

leonardo
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Re: Meine Geschichte

Post by leonardo » Tue 1. Mar 2016, 09:42

Hallo,
also die reine Tatsache, dass Kinder Verhaltensweisen ihrer Eltern zeigen, muss kein Hinweis auf Vererbung sein. Es kann genauso gut von den Eltern gelernt sein (abgeguckt) oder aufgrund der Erziehung der Eltern entstanden sein.

Gäbe es Studien mit eineiigen Zwillingen, die getrennt voneinander in unterschiedlichen Milieus aufgewachsen sind, sähe die Sache schon besser aus. Sind mir aber keine bekannt!

Mein Bruder leidet auch unter Prokrastination und ich könnte mir gut vorstellen, dass es daran liegt, dass wir beide die gleiche verkorste Erziehung genießen durften. Bei meinen Eltern konnte ich höchstens milde Formen der P. feststellen.

Ein Aspekt meiner Prokrastination ist z.B. die Angst vor Fehlern oder die Angst vor Beurteilung durch Andere. Ganz ehrlich: Ich glaube nicht, dass so etwas in den Genen liegt, kann mir aber sehr gut vorstellen, dass so etwas anerzogen werden kann.

Mein Bauchgefühl sagt mir, dass die Prokrastination nicht vererbt wird. Aber selbst wenn es so wäre, dann wäre es kein Grund, sich darauf auszuruhen (nach dem Motto: falsche Gene, da kann man nichts machen!). Heute weiß man, dass Gene an- und ausgeschaltet werden können, z.B. durch Stress oder Umwelteinflüsse. Googelt mal nach "Epigenetik".

Viele Grüße
Leo

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JavaBohne
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Re: Meine Geschichte

Post by JavaBohne » Thu 17. Mar 2016, 02:45

Hallo Leo,

wie du weisst, gibt es verschiedene Theorien darueber, woher die Prokrastination kommt. Derzeit wird - wir hatten die Diskussion schon einmal - stark darueber spekuliert, dass die Prokrastination auch (aber nicht nur) vererbt werden kann (Moeglichkeitsform).

Wie ich in meiner Antwort an blutsvente darstellte, stehe ich mit meiner eigenen Meinung zwischen zwei Stuehlen. Denn innerhalb der Familie haette ich durchaus klare Belege, dass die Prokrastination vererbt worden sein koennte. Aber meine eigenen Kinder koennten der klare Widerspruch zu der These sein. Ich bin ganz ehrlich, ich schwanke in dieser Hinsicht mit meiner eigenen Meinung sehr!

Dein Beispiel auf Anerziehung und die Angst vor Fehlern machen, muss nicht einmal aus dem Kreis der Eltern oder Familie kommen. Ich hatte einen Arbeitgeber, der mich ueber Jahre hinweg stets kritisierte, dass ich - sagen wir salopp - alles falsch machte. Zu meiner schon etablierten Angst vor Fehlern trugen diese Kritiken dazu bei, dass ich mich irgendwann kaum noch traute etwas zu tun. Nicht nur aus Angst vor Fehlern, sondern auch aufgrund von Entscheidungsaengsten. Wozu sollte ich mich entscheiden? Denn falsch war offenbar beides! dumme Situation, glaube mir.

Nun, Gene koennen an- und wieder ausgeschaltet werden, stimmt schon. Aber der Mensch hat so gut wie kein Mittel, ganz gezielt die Gene anzusprechen und sie zu manipulieren. Z. B. sind die Gene, die Suechte ausloesen, erkannt worden. Aber machen kann die Medizin noch so gut wie nichts. Eventuell in ein paar Jahren - wann immer das sein wird - sollen neue Medikamente auf den Markt kommen. Dennoch klingt ja schon viel versprechend.

Waere das nicht schoen, morgens eine Pille einzuwerfen und wir waeren alle gesund, gut gelaunt oder voller Tatendrang?

Viele Gruesse,
JavaBohne

leonardo
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Re: Meine Geschichte

Post by leonardo » Fri 18. Mar 2016, 11:43

Hallo Java,
kurz mal Vererbungslehre für Dummies:
Wenn du einen normalgefärbten Fisch mit einem Albino (der gleichen Art) kreuzt, bekommst du in der ersten Generation nur normalgefärbte Fische. Diese tragen trotzdem das Albino-Gen (rezessiv) in sich, aber das Normal-Gen ist eben dominant und bestimmt das Aussehen. In der nächsten Generation bestehen die Nachkommen dann statistisch gesehen zu 25 % aus Albinos, zu 50 % aus normalgefärbten Fischen, die das Albino-Gen rezessiv in sich tragen und zu 25 % aus normalgefärbten Fischen ohne Albino-Gen.
Vermutlich ist das der Grund, warum man im Volksmund immer mal wieder hört, "dass Eigenschaften gerne mal eine Generation überspringen". Und natürlich würde es auch deine Töchter erklären.

Noch etwas zum Thema Vererbung: Es gibt Krankheiten, bei denen es unzweifelhaft eine erbliche Komponente gibt, z.B. Diabetes Typ 2 oder Depressionen. In meiner Familie gibt es tatsächlich eine auffällige Häufung von beiden. Bei den Depressionen habe ich ja auch zugeschlagen, aber den Diabetes konnte ich trotz erheblichem Übergewicht durch meine Ernährung vermeiden. Gene sind kein Schicksal. Man vererbt bestenfalls eine Veranlagung.

Ich möchte mal kurz auf einen weit verbreiteten Irrtum eingehen. Viele Menschen glauben, dass sie ein Verhalten ändern können, wenn sie die Ursache für dieses Verhalten kennen. Meine Erfahrung sagt mir, dass das in den seltensten Fällen so abläuft. Ich konnte im Gegenteil dazu sogar erfahren, dass man Probleme (z.B. mit Wingwave) auflösen kann, ohne ihren tieferen Ursprung zu verstehen.

Java, die Probleme mit deinem Job kann ich sehr gut nachvollziehen. Wenn du wirklich schon immer prokrastinierst, dann scheidet diese Situation ja wohl als Auslöser aus, aber sie war bestimmt ein Verstärker. Wer nichts macht, macht schließlich auch keine Fehler.

Auf der Suche nach Auslösern könnte die folgende Ausssage hilfreich sein:
Was heute ein Problem ist, war früher vermutlich einmal die Lösung eines Problems!
Oder anders ausgedrückt: Was früher mal hilfreich war, hat sich verselbstständigt und ist heute aber ein dysfunktionales Verhaltensmuster.

Viele Grüße
Leo

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JavaBohne
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Re: Meine Geschichte

Post by JavaBohne » Sun 20. Mar 2016, 16:39

leonardo wrote:....Hallo Java,
kurz mal Vererbungslehre für Dummies:
Wenn du einen normalgefärbten Fisch mit einem Albino (der gleichen Art) kreuzt, bekommst du in der ersten Generation nur normalgefärbte Fische. Diese tragen trotzdem das Albino-Gen (rezessiv) in sich, aber das Normal-Gen ist eben dominant und bestimmt das Aussehen. In der nächsten Generation bestehen die Nachkommen dann statistisch gesehen zu 25 % aus Albinos, zu 50 % aus normalgefärbten Fischen, die das Albino-Gen rezessiv in sich tragen und zu 25 % aus normalgefärbten Fischen ohne Albino-Gen.
Vermutlich ist das der Grund, warum man im Volksmund immer mal wieder hört, "dass Eigenschaften gerne mal eine Generation überspringen". Und natürlich würde es auch deine Töchter erklären......

Hallo Leo,

schoen wieder von dir zu hoeren. Deine Kommentare sind wie immer ergiebig und tragen erheblich zur Diskussion bei. Grosses Lob!

So weit ich weiss - meine Erfahrungen mit Hundezucht ist schon lange her. Und die Pflanzenzucht zwar nicht ganz solange, aber..... - treten bei der Vererbung Aenderungen meist nur bis in die dritte Generation, sehr selten in die vierte Generation, auf. In der Tier- und Pflanzenzucht spricht man von einer neuen Zucht/Art wenn bei drei aufeinanderfolgende Generationen keine Veraenderung in der hinzugezuechteten Eigenschaft auftreten. Beim Menschen duerfte das nicht anders sein. Aber ich lasse mich wirklich sehr gerne beraten und aufklaeren.

Somit waeren in meinem Beispiel - du beziehst dich ja darauf - meine Kinder die mindestens vierte Generation. Somit koennte fast ausgeschlossen werden, dass bei ihnen die Prokrastination, sollte sie ueberhaupt vererbbar sein, aussetzt und bei deren Kindern, also mindestens fuenfte Generation, wieder einsetzt.

Wenn du darueber naehere Informationen hast, waere ich dir sehr dankbar, wenn du sie mit uns teilst.

Viele Gruesse,
JavaBohne

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