Rechnungen – unbezahlt und prokrastiniert

Beschreibung und Diskussion persönlicher Erfahrungsberichte
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pro-cras
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Joined: Sun 19. Aug 2018, 16:08

Rechnungen – unbezahlt und prokrastiniert

Post by pro-cras » Fri 24. Aug 2018, 14:19

Hallo,
Wie wir alle wissen, macht Prokrastination auch vor dem Bezahlungen von Rechnungen nicht Halt.
Dabei ist das Aufschieben fälliger Zahlungen beispielhaft die ganze Bandbreite des Phänomens Prokrastination. Vom sinnvollen Nutzen eines Zahlungsziels über die erste Mahnstufe bis hin zu Vollstreckungsbescheid und Pfändung ist die Erlebnisspanne von Erleichterung bis zur Gefahr und Selbstschädigung erkennbar. Ebenso wie die Frage, inwieweit das Aufschieben gewollt oder gezwungenermaßen passiert.
Allgemein gilt aber wohl, dass Rechnungen später zu bezahlen nur selten eine lustige buchhalterische Übung ist, sondern für viele Menschen ein Akt des finanziellen und existenziellen Überlebens.

„Wo kein Geld da ist, kann einfach keines bezahlt werden“ ist eine ebenso häufige wie flache Begründung von Nichtzahlung, da sie weder der Komplexität der Folgen noch der Vielzahl von Möglichkeiten gerecht wird, wie man mit Zahlungsverpflichtungen ins Reine kommen kann.

Ich will in einem ersten Beitrag die vielschichtige Thematik von der Ursache bis zur Lösung ein wenig aufdröseln. Wenn die Besprechung dieser Variante der Prokrastination in diesem Forum auf Interesse stößt, will ich gerne in einem weiteren Beitrag oder zu einer speziellen Thematik mehr „Fleisch“ geben.

Aus meiner Erfahrung (ich war halt früher auch mal Banker…) bekämpft man das finanzielle oder administrative Prokrastinieren und seine Folgen durch

Vermeidung von finanziellen Engpässen
durch Verbesserung der Einkommensseite (schwierig, ich weiß!)
durch Minimierung der Ausgaben (dto., aber immer wieder wirksam)
durch ehrliche Übersicht über die Zahlungseinforderungen (regelmäßig per DA oder LS, Einzel-Rechnung
durch Vorausschau über die Zahlungs-Termine (Überraschungen tun nicht gut)
unterstützende innere Arbeit: welche Überzeugungen steuern mein Verhältnis zum Geld (z.B.: „Geld stinkt (nicht)“, „Rechnungen sind unmenschlich“, „Rechnungen bestrafen fürs Einkaufen“, „Ich zahle gerne für das, was ich bekomme“, „Der hat doch genug, der kann ruhig mal warten“, „Ich würde ja gerne…, kann/will/mag aber nicht“, „Geld ist eh vergänglich“, „Schuldenmachen ist ehrlos“ etc.). Welche bremsen mich, welche könnten mich weiterbringen?

Management der Zahlungsverzögerungen
Rechnungsbriefe endlich öffnen
aktives Cash-Management: Welche erlaubten Zahlungsspielräume gibt es, welche Zahlungseingänge kann ich kreieren (Kleinanzeigen, ebay) oder beschleunigen
Proaktiver Umgang mit wartenden Zahlungsempfängern (Gläubiger-Management)
unterstützende innere Arbeit: Welche (vielleicht unterdrückten) Gefühle rumoren in mir, wenn ich dastehe als Schuldner/in, als Bittsteller/in, als Gemahnte(r), als Betroffene(r) einer Vollstreckung oder Pfändung, gegenüber einer Amtsperson, in einem Telefonat mit einem Gläubiger oder Schuldeneintreiber, wie finde ich zu meiner seelischen Stärke zurück?

gezielten und bereinigenden Umgang mit typischen Emotionen
vor dem ungeöffneten Briefkasten
vor dem Öffnen bedeutungsschwerer Briefe
beim Lesen von Begriffen wie „Mahnung“, Vollstreckungsandrohung“, „Pfändungsanordnung“ etc.
gegenüber Gläubigern und Amtspersonen
unterstützende innere Arbeit: negative/belastende Emotionen wahrnehmen, verstehen und als lebensgeschichtliche Restposten entmachten, neue, positiv ausgerichtete Emotionen entdecken und zulassen. Welche aktiv zu betreibende Veränderung kann ich für die Stärkung meiner körperlichen und geistigen Widerstandskräfte einleiten?

geordneten Umgang mit anhängigen Zahlungsverpflichtungen
Ordnung in den eigenen Unterlagen und Ablagen, Termine und Beträge, Kostenfallen und Ausgabegewohnheiten
Absprachen mit den Gläubigern: Stundung, Teilerlassung, Ratenvereinbarung
notfalls Inbetrachtziehen der Privatinsolvenz
unterstützende innere Arbeit: Überwinden von Schamgefühlen, (Selbst-)Hass, Wut, Trauer oder falschem Stolz,
Suchen und Akzeptieren von Helfern und Beratern, kreativen Lösungen
verinnerlichen, dass Schulden und Schuld sich zwar ähnlich anhören, aber etwas Grundverschiedenes sind.

Umschalten vom Verstecken, Abwarten oder Totstellen hin zum TUN, TUN, TUN

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