Durchbruch in der Depressionsforschung? - Auswirkung auf Prokrastination?

Hinweise auf interessante Sendungen im Fernsehen oder lesenswerte Artikel in Zeitungen und Zeitschriften.
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JavaBohne
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Durchbruch in der Depressionsforschung? - Auswirkung auf Prokrastination?

Post by JavaBohne » Sat 3. Nov 2018, 00:18

Hallo Foristen,

zum ersten Mal ist es Wissenschaftlern gelungen drei verschiedene Arten von Depressionen festzustellen. Dies hat sicherlich eine grosse Bedeutung in der Forschung schlechthin aber insbesondere oeffnet es Wege zu neuen Ansaetzen zur Therapie von Depressiven. Hier ist der Link zu Focus.de. Dort findet ihr auch weiterfuehrende Links zum Thema Depressionen und Hilfe fuer Depressive:

https://www.focus.de/gesundheit/news/ur ... 44492.html

Mich interessiert aber auch, ob und inwiefern diese neuen Erkenntnisse neue Behandlungsmoeglichkeiten und neue Therapiemoeglichkeiten fuer leidende Prokrastinatoren bereithalten werden und wie sie aussehen koennten.

Viele Gruesse,
JavaBohne

leonardo
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Re: Durchbruch in der Depressionsforschung? - Auswirkung auf Prokrastination?

Post by leonardo » Sat 3. Nov 2018, 05:47

Also ich würde mich in die Gruppe D1 einordnen. Bei mir helfen allerdings Antidepressiva. Vielleicht waren die Testgruppen einfach zu klein?

Ich habe allerdings auch die Erfahrung gemacht, dass die typisch depressive Antriebslosigkeit etwas anderes ist, als die Prokrastination. Ersteres hat bei mir auf die Pillen angesprochen,letzteres nicht.

Daher sind hier meine Erwartungen nicht besonders hoch.

Viele Grüße
Leo

pro-cras
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Re: Durchbruch in der Depressionsforschung? - Auswirkung auf Prokrastination?

Post by pro-cras » Mon 5. Nov 2018, 17:41

Prokrastination und die falsche Therapie

Liebe Foristen!

Die richtige Zuordnung von Symptomen zu ihren Krankheiten ist Gegenstand der so genannten Differenzialdiagnose, wobei „differenzial“ hier so viel bedeutet wie Abgrenzung innerhalb einer Gruppe von symptomatisch ähnlichen (z.T. sogar übereinstimmenden) Krankheitsbildern.
Eine solche differenzierende Abgrenzung ist auch immer gegenüber dem Störungsbild „Prokrastination“ und ihren eventuellen Komorbitäten vorzunehmen, welche u.a. sein können:

Angststörung, Zwangsstörung, narzisstische Störung, Schlafstörung, AD(H)S, Herz- Kreislauf-Störungen, innere Unruhe, Depression….

Sie können mit Prokrastination in ganz unterschiedlichem Zusammenhang stehen, sei es

als ihr Auslöser, als Erklärungsmodell, oder als ihre Folge.

Insofern halte ich es für bedenklich, auf der Suche nach einer Anti-Prokrastinations-Therapie der Depression und ihrer Behandelbarkeit mit dem hier vorgelegten Artikel im Focus eine Art Sonderstellung zuzuweisen, so als ob die Antriebslosigkeit in der Depression in irgendeiner regelmäßigen Verbindung stünde mit den Symptomen der Arbeitsstörung Prokrastination.

Dem entsprechende erachte ich auch die Suche nach einem prokrastinationsbedingten Serotonin- und Noradrenalin-Ungleichgewicht (wie es für die Depression unterstellt wird) für den Prokrastinierer als eine Sackgasse: Prokrastination ist eine mentale Störung, eine Sache des Geistes, welcher nach meinem Verständnis nicht durch die neuronale Masse „Gehirn“ repräsentiert wird.

Wenn tatsächlich einmal Antidepressiva einen positiven Effekt auf prokrastinierendes Verhalten zeigen, so sollte dies als Hinweis darauf gewertet werden, dass, erkennbar u.a. an prokrastinationsähnlichen Symptomen, eine mehr oder weniger ausgeprägte Depression im Spiel ist, die als eine solche zu behandeln wäre. Sollten in einer solchen Behandlung so genannte Serotonin-Wiederaufnahmehemmer ((S)SRI) als Nebeneffekte eine Antriebsverbesserung (also eine positive Wirkung auf prokrastinierendes Verhalten) zeigen, so steht dies allerdings in keinem Verhältnis zu den sonstigen unerwünschten Nebenwirkungen und dürfte nicht mit einer sinnvollen Prokrastinations-Therapie verwechselt werden – und gehörte ohnehin als medikamentöse Depressionsbehandlung absolut und unbedingt in die ärztliche Kontrolle.

Mit freundlichen Grüßen
pro-cras

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JavaBohne
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Re: Durchbruch in der Depressionsforschung? - Auswirkung auf Prokrastination?

Post by JavaBohne » Fri 9. Nov 2018, 01:21

Hallo pro-cras, hallo Foristen,

vielen Dank fuer deinen Beitrag, der sich im Uebrigen sehr gut mit dem aus Wikipedia "Prokrastination" deckt!

Mein Anliegen war nicht, die Depressionsbehandlung auf die Prokrastination zu uebertragen. Ich denke, das sollte deutlich genug hervorgegangen sein. Mein Ansatzpunkt galt vielmehr der Tatsache, dass sich Depression und Prokrastination oft wechselseitig beeinflussen. Wenn also neue und bessere Therapien fuer die verschiedenen Arten der Depression gefunden werden, koennte das meiner Meinung nach auch Vorteile bei der Entwicklung von Behandlungsmethoden fuer die Prokrastination mit sich bringen. Dahingehend wollte ich meinen Zusatz zum Link verstanden wissen und die Diskussion anregen.

Im Uebrigen stimme ich nach langer Zeit wieder mit der Wikipedia-Seite ueberein, die voellig neu ueberarbeitet wurde und in der durchaus neuere Forschungsergebnisse und Erkenntnisse der Prokrastination mit eingeflossen sind - Stand der Wikipedia-Seite 07.11.2018.

Erstaunt war ich, dass endlich auch (und wieder) auf der Wikipedia-Seite im Bereich "Behandlungsansaetze" im zweiten Satz sinngemaess heisst, dass es bisher kaum systematisch evaluierte Behandlungsansaetze fuer die Prokrastination gibt. Den genauen Wortlaut bei Interesse bitte dort nachlesen. Genau mein Reden seit langen Jahren. Hier ist die pathologisch/chronische Prokrastination gemeint, nicht die akademisch/studentische. Webseiten und Artikel hierzu habe ich bereits vor einigen Jahren von verschiedenen Fachaerzten in den einzelen Unterforen verlinkt.

Ebenso hat Prof. Dr. Piers Steel auf Wikipedia, Stichwort "Prokrastination", mit seinem Buch, "Der Zauderberg: Warum wir immer alles auf morgen verschieben und wie wir damit aufhören", Erwaehnung gefunden. Fuer Interessenten, die mich des Oefteren fragen, warum im Bereich Prokrastination nicht geforscht wird, moechte ich sagen. Prof. Steel forscht und ist der weltfuehrende Forscher und Lehrer (hat Professur) im Bereich Prokrastination und geniesst seit ca. 10 Jahren den besten Ruf unter fuehrenden Fachleuten. Wer sich rundum ueber Prokrastination, was es (wirklich) ist, ob und wie man er behandeln kann, etc. informieren moechte, hat viele Moeglichkeiten bis hin zu seiner Webseite (die ich jedoch nicht so mag). Darueber hinaus bietet er auf seinem YouTube Kanal Videoclips an.

Viele Gruesse,
JavaBohne

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