Mitentscheidung an der Genregulation
Posted: Fri 21. Sep 2018, 10:57
Liebe Foristen
Wer sich als "Opfer" eines Leidens oder eines selbstschwächenden Verhaltens sieht, dem sei das Buch von Joachim Bauer: "Selbststeuerung - die Wiederentdeckung des freien Willens", verlegt 2015 bei Blessing, München, wärmstens zur aufmerksamen Lektüre empfohlen.
Einen Abschnitt möchte ich bereits hier zitieren, als Leseprobe und, weil hier eine Halten gegenüber Diagnosen bzw. Leiden aufzeigt, die mir außerordentlich wichtig erscheint, auch wenn das Buch nicht ausdrücklich über Prokrastination schreibt. Der Transfer ist aber an jeder Stelle leicht zu vollziehen.
Anfang Zitat:
Längere Zeit anhaltende Überforderungen, denen wir auch bei Aufbietung aller Kräfte nur mit Mühe oder gar nicht gewachsen sind, haben Genaktivierungen zur Folge, die das Immunsystem schwächen und dem Gehirn sowie der allgemeinen körperlichen Gesundheit abträglich sind. Im Zentrum solcher Negativreaktionen steht ein Stressgen. [Es handelt sich um das Corticotropin Releasing Hormone (CRH)-Gen, (hinzugefügt durch d. Verf.)]. Alles, was uns stark beansprucht, Angst macht oder überfordert, wird wenige Sekunden nachdem das Gehirn die Situation wahrgenommen hat, mit einer Aktivierung dieses Stressgens beantwortet.
Stress ist nicht immer schlecht, im Gegenteil, er bereichert unser Leben und motiviert uns, unsere Fähigkeiten zu verbessern. Entscheidend dafür, dass er uns guttut, ist, dass wir ihm am Ende gewachsen bleiben. Sobald das Gehirn erkennt, dass eine schwierige Situation bewältigt worden ist, wird ein Antistressgen aktiviert [es handelt sich um das Glucocorticoid-Rezeptor (GR)-Gen, (hinzugefügt durch d. Verf.)], welches das oben genannte Stressgen wieder zur Ruhe bringt.
Menschen, die in der Frühphase des Lebens einem starken Mangel an Fürsorge ausgesetzt waren, können dieses Antistressgen schlechter als andere aktivieren und sind bei Stress im späteren Leben daher jedes Mal viel stärkeren Belastung ausgesetzt als andere. Gute spätere Erfahrungen, sei es im Beziehungsleben oder aufgrund einer Psychotherapie, können derartige Störungen der Genregulation - zumindest teilweise - reparieren. Der Prozess der Genregulation spielt nicht nur in der Kindheit eine Rolle, er begleitet uns durch unser ganzes Leben. Alles, was wir im sozialen Umfeld erleben, verändert die Regulation unserer Gene und die Feinstrukturen unsere Gehirns. Da wir selbst mitentscheiden können, wie wir leben und welche sozialen Kontakte wir pflegen, eröffnet sich damit für den freien Willen und unsere Möglichkeiten zur Selbststeuerung ein weites Feld.
Zitat Ende
Die Versuchung, sich seinem Schicksal ausgeliefert zu sehen, aber auch die Sogwirkung von Diagnosen, das häufige Aneinandervorbeisprechen des "inneren Arztes" des Betroffenen mit dem "außeren Arzt" in Form von Therapeuten oder Ratgebern, die vielen Aspekte der Selbstkontrolle und der Selbststeuerung werden in diesem Buch unter Bezugnahme auf aktuelle Forschungsergebnisse, aber auch unter philosophischen Aspekten beleuchtet. Und machen m.E. das Buch wichtig für jeden, der sich mit der Behandlung eines Leidens oder eines belastenden Syndroms wie der Prokrastination konfrontiert.
Liebe Grüße
pro-cras
Wer sich als "Opfer" eines Leidens oder eines selbstschwächenden Verhaltens sieht, dem sei das Buch von Joachim Bauer: "Selbststeuerung - die Wiederentdeckung des freien Willens", verlegt 2015 bei Blessing, München, wärmstens zur aufmerksamen Lektüre empfohlen.
Einen Abschnitt möchte ich bereits hier zitieren, als Leseprobe und, weil hier eine Halten gegenüber Diagnosen bzw. Leiden aufzeigt, die mir außerordentlich wichtig erscheint, auch wenn das Buch nicht ausdrücklich über Prokrastination schreibt. Der Transfer ist aber an jeder Stelle leicht zu vollziehen.
Anfang Zitat:
Längere Zeit anhaltende Überforderungen, denen wir auch bei Aufbietung aller Kräfte nur mit Mühe oder gar nicht gewachsen sind, haben Genaktivierungen zur Folge, die das Immunsystem schwächen und dem Gehirn sowie der allgemeinen körperlichen Gesundheit abträglich sind. Im Zentrum solcher Negativreaktionen steht ein Stressgen. [Es handelt sich um das Corticotropin Releasing Hormone (CRH)-Gen, (hinzugefügt durch d. Verf.)]. Alles, was uns stark beansprucht, Angst macht oder überfordert, wird wenige Sekunden nachdem das Gehirn die Situation wahrgenommen hat, mit einer Aktivierung dieses Stressgens beantwortet.
Stress ist nicht immer schlecht, im Gegenteil, er bereichert unser Leben und motiviert uns, unsere Fähigkeiten zu verbessern. Entscheidend dafür, dass er uns guttut, ist, dass wir ihm am Ende gewachsen bleiben. Sobald das Gehirn erkennt, dass eine schwierige Situation bewältigt worden ist, wird ein Antistressgen aktiviert [es handelt sich um das Glucocorticoid-Rezeptor (GR)-Gen, (hinzugefügt durch d. Verf.)], welches das oben genannte Stressgen wieder zur Ruhe bringt.
Menschen, die in der Frühphase des Lebens einem starken Mangel an Fürsorge ausgesetzt waren, können dieses Antistressgen schlechter als andere aktivieren und sind bei Stress im späteren Leben daher jedes Mal viel stärkeren Belastung ausgesetzt als andere. Gute spätere Erfahrungen, sei es im Beziehungsleben oder aufgrund einer Psychotherapie, können derartige Störungen der Genregulation - zumindest teilweise - reparieren. Der Prozess der Genregulation spielt nicht nur in der Kindheit eine Rolle, er begleitet uns durch unser ganzes Leben. Alles, was wir im sozialen Umfeld erleben, verändert die Regulation unserer Gene und die Feinstrukturen unsere Gehirns. Da wir selbst mitentscheiden können, wie wir leben und welche sozialen Kontakte wir pflegen, eröffnet sich damit für den freien Willen und unsere Möglichkeiten zur Selbststeuerung ein weites Feld.
Zitat Ende
Die Versuchung, sich seinem Schicksal ausgeliefert zu sehen, aber auch die Sogwirkung von Diagnosen, das häufige Aneinandervorbeisprechen des "inneren Arztes" des Betroffenen mit dem "außeren Arzt" in Form von Therapeuten oder Ratgebern, die vielen Aspekte der Selbstkontrolle und der Selbststeuerung werden in diesem Buch unter Bezugnahme auf aktuelle Forschungsergebnisse, aber auch unter philosophischen Aspekten beleuchtet. Und machen m.E. das Buch wichtig für jeden, der sich mit der Behandlung eines Leidens oder eines belastenden Syndroms wie der Prokrastination konfrontiert.
Liebe Grüße
pro-cras