Wie hoch ist der Wahrheitsgehalt von medizinischen Studien?

Themen, die irgendwie mit oder doch nicht mit Prokrastination zu tun haben.
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JavaBohne
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Wie hoch ist der Wahrheitsgehalt von medizinischen Studien?

Post by JavaBohne » Sat 2. Apr 2016, 14:27

Liebe Foristen,

viele von uns, die in diesem und anderen Foren unterwegs sind, haben eines gemeinsam, wir ziehen Statistiken zu rate, Buchrezensionen, Artikel in Fachmagazinen oder Magazinen generell, etc. Doch wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass nicht genau diese Publikation auf die wir uns berufen, auch den Tatsachen entspricht und nicht manipuliert ist? Schliesslich wollen Buecher verkauft und Therapien bekannt gemacht werden, um letztendlich eines zu foerdern: den eigenen Stellenwert in der Gesellschafrt oder auch nur die Foerderung des eigenen Bankkontos.

Hier in diesem Artikel, den ich auf Spiegel-Online gefunden und gelesen habe, moechte ich als Anregung zur Diskussion anbieten.

HIer ist der Link: http://www.spiegel.de/wissenschaft/medi ... 82970.html

Zum besseren Verstaendnis des Sinns des Artikels gebe ich hier vorab einige Passagen wieder.

Zitat Spiegel-Online: "Knapp 800 Patienten haben an der Studie teilgenommen, alle litten an einer lebensbedrohenden Blutvergiftung (Sepsis) und benötigten Infusionen. Mediziner an 26 Zentren in Dänemark, Norwegen, Finnland und Island gaben den Betroffenen einen Flüssigkeitsersatz, der bei einigen Hydroxyethylstärke (Hes) enthielt. Die Studie sollte klären, ob der zuvor in Kritik geratene Hes-Zusatz den Patienten hilft oder etwa schadet." Zitat Ende

Und im zweiten Absatz wird es spannend:

Zitat Spiegel-Online: Nach Abschluss der Studie suchten Peter Hjortrup von der Uniklinik Kopenhagen und Kollegen in den Daten nach weiteren Erkenntnissen - und prüften eine These, die sie selbst nicht ernst nahmen: "Weil die meisten Fische in Salzwasser leben, nahmen wir an, dass im Sternzeichen Fische Geborene in einer Studie bessere Überlebenschanen haben, in der es um Flüssigkeitsersatz geht", schreiben sie im "Critical Care an Resuscitation Journal". Zitat Ende

Ich moechte diesen Artikel zur Diskussion stellen. Mein Hintergedanke dabei ist dieser: Wie viele Artikel und andere Publikationen inklusive Buecher haben wir schon selbst aus Ueberzeugung beworben und fuer gut empfunden, obwohl es sich "nur" um eine dreiste nichts bedeutende Scharlatanerie handelte (von der wir natuerlich nichts wussten)?

Viele Gruesse,
JavaBohne

leonardo
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Re: Wie hoch ist der Wahrheitsgehalt von medizinischen Studi

Post by leonardo » Tue 5. Apr 2016, 09:47


genusssucht
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Re: Wie hoch ist der Wahrheitsgehalt von medizinischen Studi

Post by genusssucht » Wed 27. Apr 2016, 09:04

Gerade bei dem Thema, das uns alle hier am meisten interessiert, würde ich erstmal KEINER Studie glauben. Trotzdem sind manche Ergebnisse von Studien allemal interessant - wenn man sich seine eigenen Gedanken dazu macht.

Interessant finde ich beispielsweise die statistischen Erhebungen - bei denen es also um die Erfassung des Ist-Zustandes und weniger um Interpretationen geht. Soziales Umfeld, Bildung, Art der Probleme, ...

Natürlich mache ich mir meine eigenen Gedanken - in die ich Aspekte meiner eigenen Erfahrungswelt einbringe. Und die lässt mich inzwischen glauben, dass kein einziger existierender Ratgeber zum Thema Prokrastination in der Lage ist auch nur näherungsweise einen Ansatz zur Therapie zu liefern. Vielmehr handelt es sich immer nur um Tipps zum besseren Leben mit den Symptomen. Und Studien gingen - meiner Meinung nach - bisher durchweg in die falsche Richtung.

Mich freut, dass schon im Thread-Titel das Wort "medizinische" (Studien) gefallen ist. Ist der Unterschied zwischen Psychologie und Psychiatrie hier im Forum eigentlich hinlänglich bekannt? Ich bin (inzwischen) der festen Überzeugung, dass Prokrastination kein Phänomen ist, dem mit Mitteln der Psychologie beizukommen ist. Ich glaube viel eher an einen Zusammenhang mit der Versorgung unseres Körpers mit neurologischen Botenstoffen (Neurotransmittern) und Hormonen, die im Grundsystem unserer jeweiligen, individuellen Baupläne bereits festgelegt ist. Ein wenig zu viel von Diesem, etwas zu wenig von Jenem und schon ist sie da: - die Prokrastination. Das würde bedeuten, dass eine finale Therapie (an deren Ende man schließlich "gesund" ist) leider nicht möglich ist, sondern allenfalls eine Behandlung durch Medikamente. Solange aber keine Fortschritte in der Pharmazie (z.B. Nebenwirkungen von Psychopharmaka) gemacht werden - und die gibt es bekanntlich nur bei ausreichend wirtschaftlichem Interesse - sprich "Gewinnaussichten", müssen wir uns mit den Möglichkeiten der Psychologie begnügen - obwohl die eigentliche "Lösung" wohl eher von Psychiatern und Endokrinologen zu erwarten wäre.

Hmm, jetzt bin ich wohl etwas vom Thema abgewichen... - bin aber trotzdem interessiert, was Ihr dazu meint.

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JavaBohne
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Re: Wie hoch ist der Wahrheitsgehalt von medizinischen Studi

Post by JavaBohne » Thu 5. May 2016, 11:26

Hallo genusssucht,

Sehr interessantee Aspekte, die ich in meinen Ueberlegungen immer wiederfinde. Ich werde heute Abend noch genauer darauf eingehen.

Bis dahin viele Gruesse,
JavaBohne

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JavaBohne
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Re: Wie hoch ist der Wahrheitsgehalt von medizinischen Studi

Post by JavaBohne » Mon 9. May 2016, 22:19

Hallo genusssucht,

Du schreibst:"Natürlich mache ich mir meine eigenen Gedanken - in die ich Aspekte meiner eigenen Erfahrungswelt einbringe. Und die lässt mich inzwischen glauben, dass kein einziger existierender Ratgeber zum Thema Prokrastination in der Lage ist auch nur näherungsweise einen Ansatz zur Therapie zu liefern. Vielmehr handelt es sich immer nur um Tipps zum besseren Leben mit den Symptomen. Und Studien gingen - meiner Meinung nach - bisher durchweg in die falsche Richtung."

Das ist genau der Kritikpunkt an die Wissenschaft, wenn es um die Prokrastination geht. Es gibt meines Wissen nach keine Studie, die auf den chronischen bzw. pathologischen Prokrastinator hin ausgelegt ist. Der Grund mag verwirren, aber es gibt DEN Prokrastinator eben nicht, sondern nur DIE Prokratinatoren. Es ist durchaus moeglich, dass jeder Prokrastinator und natuerlich auch jede Prokrastinatorin, eine eigene ganz individuelle Prokrastination entwickelt. Die so mannigfachen und voellig unterschiedlichen Spiel-"Arten" der Prokrastination lassen sich demzufolge einfach nicht mehr innerhalb einer Studie erfassen. Das Ergebnis der Studie waere rein wissenschaftlich voellig unbrauchbar.

Genau aus diesem Grunde gibt es nur Studien, die auf den "normalen" sogenannten studentischen Prokrastinator basieren. Denn in der Tat, laesst sich diese Form von Prokrastination sehr wohl fuer Studien erfassen.

Somit ist dein Kritikpunkt, dass es keinen Ratgeber fuer uns Porkrastinatoren gibt, der hilfreich ist, zwar verstaendlich aber dennoch nicht ganz richtig. Denn die meisten Ratgeber wenden sich an den studentischen Aufschieber, also den, der zwar mehr aufschiebt, als der Normalbuerger, aber immerhin viel zu wenig und mit anderen Mustern, als der pathologische (vorsichtig ausgedrueckt), gestoerte Prokrastinator. Dem kann mit sehr vielen Ratgebern und Therapien geholfen werden. Nach wie vor gehen fuehrende Wissenschaftler davon aus, dass die chronische/pathologische Prokrastination eine Persoenlichkeitsstoerung, aber keine Zwangsstoerung ist, fuer die es bis heute leider keine ansprechende Therapie gibt.

Viele Gruesse,
JavaBohne

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