Eine HA schreiben

Themen, die irgendwie mit oder doch nicht mit Prokrastination zu tun haben.
Gleichgesinnter
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Re: Eine HA schreiben

Post by Gleichgesinnter » Tue 3. Mar 2015, 22:18

Hallo Lisa,

das mit dem Baby ist eine gute Idee!! : ))) Dieses sich Sorgen um das Baby muss man sich täglich ausmalen, ganz nah ans Herz legen, damit es wirkt. Es ist ein gutes Bild, und durchaus ein passendes, weil, in das was wir gern tun wollen, also die berufliche Erfahrung, stecken wir sehr viel Zeit und Energie, nicht minder, als wenn wir ein Kind hochziehen würden. Es ist so ziemlich zutreffend!!

Ja, leider habe ich mich die letzten Tage seit Samstagnachmittag auch „verloren“, deswegen auch hier nicht viel geschrieben. Ich verstricke mich auch in „alltägliche“ Aufgaben, sie wirken auch als „trigger“, manchmal zumindest. (Ein noch böserer Trigger bei mir ist das Lesen der Nachrichten, auf Tagesschau, oder Schauen von YouTube. Ich falle immer wieder auf diese „Nebenspur“ herein und fliege dann ganz aus der Bahn! Dabei habe ich schon vieles versucht, gelöscht, blockiert, 1000 mal mir eingetrichtert, etc. however)

Ich empfinde das Aufschieben auch als eine Blockade, „total brutal“, fühlt es sich an. Mir ist bewusst, dass ich durch diese Adjektive der Blockade noch mehr Macht über mich gebe. Vieles ist nämlich eine Sache der Sichtweise. Ich habe grad entmutigende Statistik über Aufschieber gelesen, dass „im Lebensverlauf äußerst selten eine Besserung bzgl. des Aufschiebeverhaltens gibt.“ Fack you Statistik und die, die diese ausgewertet haben!!
Ehrlich gesagt, habe ich meine eigene Sichtweise auf das Thema, und bin mir selbst ein Wissenschaftler! Wenn es keine Besserung geben sollte, bedeutet es, dass derjenige Mensch nicht lernt und sich nicht verändert, das stimmt aber nicht. Ich bin mir sicher, dass wir in der Lage sind zu lernen, Lebensumstände und Charaktereigenschaften zu ändern. Depressive, Borderliner, Hochsensible, Aufschieber, sie sind alle in der Lage zu lernen, mit ihrem Anderssein gut leben zu können und sich nicht als benachteiligt im Leben zu empfinden! „Selten“? Diese Statistik sollte man mir mal zeigen. Jedenfalls glaube ich nicht daran. Ich habe inzwischen, 5.5 Jahre (7,5 Jahre, wenn ich die verlorenen Schuljahre aufgrund der Übersiedlung nach Deutschland mitzähle), im Vergleich zu meinem Jahrgang „verloren“. Ja, viel von der Zeit habe ich ohne zu lernen einfach „getötet“, dennoch, ich habe auch „gelernt“ und einiges aus dem Leben „verstanden“, was andere, wiederum im Vergleich, nicht verstanden haben.

Damit möchte ich Mut machen!!! Und, z.B., die hier oft angesprochene Unterscheidung zwischen „einfachen, studentischen“ und pathologischen/chronischen Aufschiebern. Ehrlich gesagt, weiß ich für mein Wissen nicht, ob diese Unterscheidung so richtig ist. Oder, noch ehrlicher gesagt, für mich selbst will ich diese Unterscheidung gar nicht wahr haben! : )) Ich weiß, es klingt nach Wunschdenken, aber „in der Realität kommt es oft auf das Wunschdenken an“! Worin liegt der Unterschied zwischen diesen Arten der Aufschieber begründet? Es ist ja nicht so, glaube ich, dass sie auf genetische Weise, eine Art drittes Bein hätten und sich so unveränderbar unterscheiden. Ich glaube eher, die Übergänge sind fließend und liegen in dem Maß der Ängstlichkeit begründet. Ausnahmen gibt es immer, z.B. Drogensüchtige, die auch ein Aufschiebeproblem haben. Da braucht man Wunder um sie zu heilen. Aber ich meine „mich“. Ich selbst bin ein brutal-verantwortungsloser Aufschieber, der reinsten Sorte. Mir half bisher auch nichts! Kein Seminar, kein Fachbuch, welches auch noch so viel verspricht pathologisches Aufschieben zu behandeln, auch keine Therapie. Glaube ich an Wunder? Nee, nicht wirklich. Ich möchte glauben, dass wenn man während seines Studiums z.B. von einem einfachen Aufschieber zum pathologischen wurde, kann man auch umgekehrt von einem pathologischen zum einfachen, und irgendwann vielleicht vollständig „geheilt“ werden. Ich weiß, das klingt alles viel zu schön, und wenn man 10, 20, 30 Jahre seines Lebens sich in dem „Gefängnis“ des Aufschiebens sich aufgehalten hat, glaubt man vlt. an gar keine „Heilung“. Da gibt es ein Sprichwort: „Einen Buckligen macht das Grab gerade.“

Ich möchte jedenfalls glauben, dass ich mich und mein Leben in den Griff kriege. Dass die kindlichen Ängste vergehen und sich auflösen, bewusst oder unbewusst, und, dass die Liebe über alles siegt!
Liebet euch und habet Mut euch euren flexiblen Verstandes zu bedienen!
Möge die Macht mit euch Sein, gehet in Frieden und prokrastinieret! Amen. :lol:

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JavaBohne
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Re: Eine HA schreiben

Post by JavaBohne » Tue 3. Mar 2015, 23:19

Hallo ihrLieben,

@Gleichgesinnter,

ich verstehe dich und deinen Traum wieder voellig gesund zu werden nur zu genuege! Du fragst mich indirekt, was denn der Unterschied eines normalen Aufschiebers zu einem pathologisch/chronischen Prokrastinators ist. Wenn ich dich richtig verstanden habe, bist du auch (noch) nicht bereit einen Unterschied zwischen beiden Formen des Prokrastinierens zu erkennen. Ich versuche mal mit einem Beispiel zu arbeiten, das ich gerne benutze, wenn ich Leuten die nichts mit Prokrastination zu tun haben, zu erklaeren, was ein Prokrastinator ist.

Nehmen wir als Beispiel einen alkoholgefaehrdeten Menschen, der taeglich seine Ration, sagen wir, Bier trinkt. Er ist kein Alkoholiker! Er kann von sich selbst aus oder mit der Hilfe enger Freunde und seiner Familie auf unterschiedlichster Weise, das Trinken abgwoehnen. Eventuell sofort oder etappenweise in kleinen Schritten. Das waere sozusagen der normale oder nicht pathologische Prokrastinator. Dieser wird im Allgemeinen als Aufschieber bezeichnet. Sogar in der Fachwelt! Eine gute Methode ihm zu helfen ist z. B. die beruehmte Salamitaktik, um ein Umtrainieren ingang zu setzen!

Nehmen wir einen anderen Mann an, der ein harter Alkoholiker ist und seit langen Jahren taeglich mehrfach betrunken ist. Diesem offenbar suechtigen Menschen, kann nur noch eine harte und konsequente Therapie helfen. Allerdings wird er nie wieder geheilt werden koennen, denn Alkoholismus kann nur gestoppt, nicht jedoch geheilt werden. Seine Krankheit ist "pathologisch/chronisch", also nicht heilbar (darauf kommt es an). Dieser Alkoholiker steht als Beispiel fuer den kranken, pathologischen Prokrastinator, der unheilbar krank ist! Das heisst, nichts in der Welt kann den Prokrastinator heilen!

Inwiefern eine Therapie dem pathologischen Prokrastinator helfen kann wird in der Fachwelt so unterschiedlich gesehen, wie die Frage ob es Ausserirdische gibt! Auch wenn es im Augenblick ein Umdenken gibt, so tendiert der heutige Kenntnisstand der Psychologen dahingehend, dass

a) die nichtpathologische Prokrastination eine "Persoenlichkeitsstoerung" (personality disorder) ist, die behandelt werden kann. Hierzu gibt es eine Fuelle von Therapie- und Trainingsansaetze, die wirklich helfen koennen!

b) die pathologische (das heisst krankhafte) Prokrastination nicht nur nicht heilbar ist, sondern nicht nachhaltig behandelbar ist (weil es hierzu keine Therapie gibt)!

Ein weiterer Vergleich um den "Zwang" der chronischen Prokrastinators deutlich zu machen:

Der Alhoholiker ist nicht imstande ein Glas Bier stehenzulassen, weil sein innerer Zwang (seine Sucht) in dazu veranlasst. Er (oder sie) kann nicht anders!
Der chronische Prokrastinator waere symbolisch gesehen nicht in der Lage das Glas Bier hochzuheben, um es zu trinken, denn sein innerer Zwang hindert ihn daran.

Der chronische Prokrastinator ist nicht imstande sein Leben so zu organisieren, dass er seine Aufgaben erfuellen kann. Sein innerer "Zwang" veranlasst ihn/sie dazu bzw. hindert ihn daran seine Aufgaben zu erfuellen. Das, so denke ich, koennen wir hier im Forum fast alle bestaetigen. Oder nicht (lach)?

Die einzelnen Mechanismen wie z. B. Emotionen, Selbstregulation und Selbstkontrolle, etc. sollen hier und heute unerwaehnt bleiben und wuerden den Rahmen der kurzen Erklaerung bei weitem sprengen.

Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig helfen den Unterschied besser zu verstehen.

Viele Gruesse,
JavaBohne

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Re: Eine HA schreiben

Post by Gleichgesinnter » Tue 3. Mar 2015, 23:45

Hallo JavaBohne,

Danke für die Erklärung, ich habe das so noch nicht gesehen und stimme Dir zu. Ich, für mich persönlich, bin wirklich (noch und hoffentlich auch für immer :D ) nicht bereit mich als den Unheilbaren zu sehen. Jedenfalls manchmal, wie heute, wie jetzt. Ja, ich weiß, das ist Wunschreden. Ich bezeichne mich ja selbst so, und in manch einer dunklen Stunde der Verzweiflung sehe ich mich auch als "unheilbar".

Hmmm. I don't know. Die Zukunft wird mich schon richten. :?
Gute Nacht.
GG
Last edited by Gleichgesinnter on Wed 4. Mar 2015, 10:24, edited 1 time in total.

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JavaBohne
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Re: Eine HA schreiben

Post by JavaBohne » Wed 4. Mar 2015, 00:03

Hallo Gleichgesinnter,

aber du machst doch genau das Richtige: Bloss niemals aufgeben. Immer nach Auswegen suchen, etc! Das wir alle mal auf Falsches hereinfallen, ist leider so und wir koennen es nicht aendern. Aber aus jedem Artikel, jedem Buch, jedem Eintrag im Forum, ziehe ich meine Informationen und baue somit mein eigenes Wissen staendig aus. Ob und inwieweit ich richtig liege, weiss ich auch nicht. Aber ich bilde mir meine Meinung, die sich fuer mich persoenlich bestaetigt hat.

Vielleicht bist du ja auch "nur" ein ganz normaler Aufschieber, dem ein "Umtrainieren", so wie es Frau Elaine Dominiok in ihrem MOOC anbot, helfen kann! Und da du, wie ich gelesen habe, fuer manche Damen empfaenglicher bist, wird dir der Kurs ganz besonders gut gefallen. Der neue Online-Kurs, der von ihr und der KIT Karlsruhe in einigen Wochen wieder angeboten werden soll, koennte richtig fuer dich sein. Ich persoenlich finde ihn nicht brauchbar fuer den pathologischen Prokrastinator, jedoch sehr hilfreich fuer den normalen Prokrastinator. Und trotzdem habe ich als hardcore Prokrastinator einiges aus dem MOOC lernen koennen. Und deswegen lohnt sich der Kurs sicherlich.

Hier der Link zum abgelaufenen Kurs:
https://iversity.org/de/courses/moocen- ... ufschieben

Hier noch einmal der Link, wo irgendwann die Ankuendigung zum Kurs erscheinen sollte:
https://iversity.org/de/courses

Viele Gruesse,
JavaBohne

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