angesichts des nicht schwindenden Problems der Prokrastination versuche ich es mal mit umgekehrter Selbstpsychologie: Ich erkläre hier, warum ich meine Prokrastination nicht heilen kann und sie auch von außen unheilbar sein könnte.
Zunächst etwas philosophischer Background: Nach einer naturwissenschaftlich-philosophischen Richtung - d.h. begründet, aber nicht letztgültig bewiesen - ist der "Freie Wille" jedes Menschen nur eine Illusion. Ich ziehe zu dieser Ansicht die Begründung der Quantentheoretikerin Sabine Hossenfelder heran, nach der Naturgesetze inklusive der Chaostheorie entweder deterministisch sind*** oder aber unsteuerbaren, echten Zufall beinhalten (Quantentheorie). Dementsprechend ist alles im Universum inklusive menschlicher Entscheidungen [im Makroskopischen hauptsächlich] Produkt vergangener, ursprünglich unbelebter**** Einflüsse sowie [im Makroskopischen zu einem unglaublich winzigen Anteil, Belege der Winzigkeit liefert die Statistische Physik] unsteuerbaren, echten Zufalls. Oder mit anderen Worten: Meine Umwelt und meine Gene und Körperchemie bestimmen das, was ich denke oder tue. Dies entspricht dem Fatalismus aus der Antike. Eventuell* ist das kein nützliches Selbst- oder Weltbild, aber es ist nach meiner Überzeugung wahr**. Genauso gut könnte der Titel natürlich lauten "Warum Deine Prokrastination definitiv heilbar ist (nur evtl.***** nicht durch Dich selbst)" oder noch anders, aber der gewählte Titel provoziert nach meiner Absicht mehr zur Diskussion

Viele Grüße, Jan
*** das heißt, vollständig aus der Vergangenheit vorherbestimmt, wie eine von zuvor zahlreichen anderen Kugeln gestoßene Kugel rollt
**** Das Belebte und das Unbelebte unterscheiden sich demnach ohnehin nicht fundamental: Ein einfaches Bakterium verhält sich so vorhersehbar wie ein Roboter, Ähnliches gilt noch für den Regenwurm und nach dieser Weltanschauung natürlich auch für den deterministischen Menschen.
* bei dem Nützlichkeitsurteil bin ich mir nicht so sicher wie manch anderer. Man kann es z.B. als Wert sehen, dass Menschen unterschiedlich sind und denken
** wobei unser unfreier Wille natürlich als ermergentes Phänomen auf jeden Fall existiert - nur können wir selbstverständlich nicht wollen, was wir wollen. Oder anders gesagt: Ein Computeralgorithmus, der sowohl rein intern als auch auf Sensoren oder anderweitigen Input (auch thermischen Zufall) hin programmierte Entscheidungen trifft, hat genausoviel freien Willen wie ein Tier oder ein Mensch. Nur haben Computer bisher noch kein Selbstbild oder Ich-Empfinden, höhere Tiere schon in unterschiedlichem Maß.
***** Das "könnte" und "evtl." rührt natürlich hauptsächlich von meiner unvollständigen Information über die Welt, nicht daher dass makroskopischer Zufall inhärent eine große Rolle spielen würde